Der Dezember steht vor der Tür. Das macht mich immer ganz emotional. Es war schon immer schwierig, vor dem Weihnachtsfest, besonders natürlich seid dem Tod meiner Mama im Dezember 2016. Aber mittlerweile kann ich akzeptieren, dass der Tod eben ein Teil vom Leben ist. Deswegen ist es um so wichtiger, dass man seine Zeit auf Erden eben so gut nutzt, wie es eben geht.

Eine Freundin hat sich schon letztes Jahr zum Geburtstag gewünscht, dass wir in ihrem 50. Lebensjahr bis zu der Vollendung der 50 dieses Jahr im November, gemeinsam Dinge zu unternehmen. Sie wollte keine Geschenke. Ihr war es wichtig, gemeinsame Erinnerungen zu schaffen, damit man darüber immer verbunden sein kann.

Ich bin da voll bei ihr. Diese Verbundenheit und diese gemeinsamen Momenten sind so viel wichtiger als alles Materielle der Welt. Denn auch wenn alles irgendwann endet, gemeinsame Erinnerungen bleiben, auch über den Tod hinuas.

Gestern ist ein kleines Zauberwesen von uns gegangen. Katze Lucy. Ein starke Persönichkeit, voller Willensstärke und Durchhaltevermögen, voller Liebe zu ihrem Mensch und zum Leben. Die Besitzerin ist verständlicherweise nun sehr, sehr traurig. Aber auch wenn nun etwas zu Ende ist, bleibt etwas. Und zwar diese starke Verbundeneheit, die Lucy mit ihrem Menschen hatte.

Ich habe mich gefragt, wie Lucy ihre Geschichte wohl erzählen würde. Was war ihr wichtig? Ich weiß nicht, was dabei nun herauskommt, wenn ich nun beginne zu tippen. So bin ich noch nie an die Sache rangegangen. Aber dank des Menschen von Lucy, kann ich mir mehr vertrauen. Da ist was in mir, das intuitiv weiß, was wichtig und richtig ist. Ich empfange irgendwie Signale? Höre auf mein Bauchgefühl? Vielleicht ist es das, was man platt Sensilibität nennt. Ich danke hier nochmal. Vielen Dank, dass du mir das gezeigt hast, dass da was in mir ist, was nicht komisch oder verrückt ist. Ich hatte es schon immer, ich dachte nur immer, dass das völlig irre ist. Aber das ist es nicht, es ist richtig. Und ich habe begriffen, dass es wichtig, das zuzulassen.

Deswegen liege ich nun auf dem Sofa und werde zum ersten Mal was schreiben, wo ich noch so gar nicht weiß, was da kommen wird. Aber ich weiß, dass ich das gar nicht wissen muss. Weil ich einfach nur zuhören muss. Ich muss Lucy zuhören. Denn es ist alles da. Ich muss es nur zulassen und wahrnehmen.

 

Und was bleibt ist die Liebe

Miau. Ich bin die Lucy. Eine starke Katzen-Lady, die ein erfülltes und liebendes Leben hatte. Gestern habe ich beschlossen, dass es nun Zeit für mich ist, über die Regenbogenbrücke zu gehen. Ich habe stark und voller Willen lange ausgehalten. Mir ging es zwar die letzten Monate nicht so gut, aber ich habe es mit dem liebevollen Einsatz und dem beherzten Kümmern meines Menschen geschafft, mein Schicksal tapfer anzunehmen. Als ich gestern gegangen bin, habe ich meinen Menschen traurig zurückgelassen. Aber sie muss gar nicht traurig sein, sie hat alles für mich getan, selbstlos, liebevoll und immer achtsam auf mich schauend. Sie hat sich aufgegeben und ihr Leben komplett um meine Bedürfnisse gebaut. Ich möchte diesem Menschen von Herzen danken und deswegen habe ich mich entschieden, einen Brief an sie zu schreiben.

Liebe, herzensgute M!

Leider musste ich dich gestern nach langer Krankheit verlassen. Ich weiß, du bist tottraurig, du musst weinen und du hast noch nicht richtig realisiert, dass ich nicht mehr da bin.
Auf diesem Weg möchte ich dir Danke sagen, liebe M.
Du hast dir nicht ausgesucht, dass ich deine Katze sein werde. Viel mehr war ich es, die gespürt hat, dass wir für eine endliche Zeit ein Stück deines Lebensweges gemeinsam gehen werden. Als wir uns das erste mal begegneten, war einiges im Umbruch für dich. Du warst auf der Suche nach Halt, einem Zuhause, einer Perspektive. Und ich spürte, dass ich ein Teil Halt für dich sein könnte. Ich wusste, du bist eine gute Seele. Du hast mich und meine Familie gefüttert, auf uns geachtet, hast uns unserem Leben in Freiheit ein Stück Geborgenheit gegeben. Du hast alles für uns getan. Und wenn einer aus der Familie krank war, hast du dich liebevoll aufgeopfert und uns gepflegt, auch wenn nicht immer jeder Einsatz von Erfolg gekrönt war.
Irgendwann gab es nur noch dich und mich. Uns blieb nur eine kurze Zeit mit meiner Katzenfamilie und dir gemeinsam. Plötzlich und völlig unerwartet gab es nur noch M, F, dich und mich. Wir wuchsen zu einer kleinen Familie zusammen. Du wurdest mir die wichtigste Person. Und du hast mich geliebt und mir trotzdem meine Freiheit gelassen. Ich konnte kommen und gehen, wie ich mochte, deine Haustür stand immer für mich offen. Manchmal habe ich dir Geschenke gemacht, um dir meine Dankbarkeit zu zeigen. Ich konnte das mit den Mäusen schon immer besser als du.
Zwischen uns entstand ein Band, welches größer, stärker und mehr war, als Freundschaft oder Liebe. Wir waren und sind es auch noch heute, Seelenverwandte.
Ging es mir nicht gut, wusstest du das instinktiv. Du hast meine Signale offen und ohne Zweifel empfangen und immer alles getan, was ich gerade brauchte. Du warst die beste Seelenverwandte, die ich mir wünschen konnte. Ich hatte es immer gewusst. Aber dass das Band so stark werden würde, dass war auch für mich eine wundervolle Überraschung.
Irgendwann kam ein Kater in unser Paradies. Ich kannte ihn schon vorher. Er schlich immer um mein zu Hause und um dich rum. Eigentlich war ich von Spirou nicht besonderst begeistert. Aber ich wusste, dass du auch seine Rettung sein würdest, mit deinem großen Herzen.
Leider blieb uns unser Paradies nicht ewig. Letztes Jahr mussten wir unser kleines Bullerbü verlassen und du bist mit Spirou und mir in eine kleine Wohnung gezogen. Liebe M, ich weiß, dass dir das im Herzen weh tat, weil du uns in dieser Wohnung unsere Freiheit nicht geben konntest. Aber auch bei diesem Problem hast du selbstlos Lösungen geschaffen. Danke dafür.
Es war wirklich nicht schlimm, dass ich nicht mehr raus konnte. Denn ich hatte doch dich. Da wo du bist, das war mein Zuhause. Denn Zuhause ist nicht die Freiheit, oder gar ein Ort oder eine Wohnung. Zuhause war immer da, wo du bist. Und du warst da. Immer.
Gerade in meinem letzten Lebensjahr hast du unser Band gestärkt. Ich hoffe du weißt, dass du das ganz großartig gemacht hast. Du hast alles getan, damit es mir gut geht. Du hast immer verstanden, was ich brauchte.
Wir haben das alles ganz wunderbar gemeinsam gewuppt. Du hast dein komplettes Leben um mich herum aufgebaut, damit es mir an nichts fehlt. Dankeschön. Wir waren ein ganz großartiges, unschlagbares Team, liebe M.
Gerade in meinen letzten Stunden hat unsere Kommunikation ganz wunderbar und magisch geklappt. Es ist toll, dass du auf mich und meine Wünsche gehört hast. So konnte ich gehen, ohne dass jemand mich festgehalten hat. Denn ich weiß, du hättest in deiner Liebe zu mir gerne noch viel mehr getan, dass mein irdisches Leben nicht endet. Aber es war gut so, wie es gestern war. Meine letzten Atemzüge durfte ich bei dir machen. Ganz nah an dich rangekuschelt. Mehr konnte ich mir nicht wünschen. Auch das haben wir beide als Zweierteam gemacht.
Ich weiß, du bist untröstlich traurig. Aber sei gewiss, mir geht es gut. Und unser Band wird auch nicht reißen. Ich werde immer ein Teil von dir sein und dich immer begleiten. Du trägst mich in deinem Herzen. Und du wirst immer wieder stolz auf das zurückblicken, was wir beide gemeinsam geschafft haben. Denn du warst der beste Mensch, den ich mir hätte wünschen können.
Du bist nicht allein, liebe M. Vergiss das nicht. Du hast noch den Spirou und F und M und dann kommt bald ja auch schon W, die auch einen Platz in deinem Herzen braucht.
Egal, was die Zukunft jetzt bringt, du kannst alles unberschwert machen, denn du musst dich nun nicht mehr aufopfern. Ich habe dich freigegeben und ich möchte, dass du trotz der Traurigkeit in dir auch Freude und Frieden empfindest.
Wir hatten viele schöne, intensive, lustige, traurige Zeiten. Wir hatten uns. Und auch wenn ich weg bin, haben wir uns noch immer. Denn diese Seelenverwandtschaft wird in dir weiterleben. Ich habe dich liebe, liebe M. Die Zeit wird alles leichter machen.
Sei stolz auf dich. Es war alles gut, wie es gelaufen ist.
Sei für alle weiterhin die achtsame M. Deine Familie braucht dich schließlich weiterhin, du wunderbarer, starker Mensch.
Ich begleite dich weiter, spüre meine Liebe und höre mein lustiges Schnurren
Deine Freundin Lucy

 

Autor

kari@kibo.fm

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