Gestern war es also soweit. Unser erstes abendfüllendes Konzert auf der Bühne im Theater am alten Markt. Ich war ja davor die Tage tüchtig nervös. Aber je näher der Auftritt kam, desto ruhiger wurde ich.
Ich freute mich auf unsere liebe Anja, die extra aus Bremerhaven nur für diese eine Stunde angereist war. Und ich machte Samstagabend schon Luftsprünge, als ich erfuhr, das unsere liebsten Freunde ebenfalls zu dem Konzert kommen würden.
Schon beim Einsingen ab 17 Uhr auf der Bühne fühlte ich mich sehr wohl. Ich mag es sehr, auf einer Bühne zu stehen (so halb halt). Ich weiß, dass ich das kann und da tut mir gut. Ich weiß auch nicht, was mit mir los war, aber mir ging es so richtig gut. Da tat kein Rücken weh, das Bein hat mitgemacht. Es fühlte sich alles so leicht an. Nur der Knoten, der schon seit der Genralprobe in meiner Brust saß, der begleitete mich weiterhin.
Auch unsere Chorleiterin probte ihre Texte. Und als sie Fields of Gold ansagte, da dachte ich an meine Mama. Ich wünschte mir, sie könne mich sehen, wie ich endlich auf der Bühne stehe, Mitglied in einem Chor bin und das tu, was ich am allerliebsten tu. Nämlich singen:
Ich hatte diesen Gedanken gerade zuende gedacht und die Pianisten spielte die Melodie zu Field of Gold, als ich aus dem Augenwinkeln einen Schatten oben an den Scheinwerfen sah. Wir begannen unsere erste Noten zu singen. Und als wir die Strophe anstimmten mit „You´ll remember me“ habe ich noch mal genau hingesehen. Es Schmetterling flog bei den Scheinwerfern. Eigentlich glaube ich an so etwas ja nicht, anderseits glaube ich aber auch nicht an Zufälle.
Ausgerechnet bei dem Lied, das ich am allermeisten mit Mama verbinde, da taucht dieser Schmetterling auf? Ein Schmetterling im Theater? Klar, kann das einfach Zufall sein, aber ich mag die Vorstellung, dass das vielleicht doch Mama war. Egal warum dieser Schmetterling also im Zuschauerraum hin- und herflog und nach Fields of Gold nicht mehr zu sehen war, er löste so viel in mir aus. Der Knoten wuchs.
Aber ich habe tapfer weitergesungen.
Dann kamen wir zu Carole King und „You´ve got a friend“. Eigentlich ging es mir gut. Ich habe weiter freudig geguckt und begeistert gesungen. Ich habe jedes Wort auch so gemeint, wie ich es sang. Da kamen diese blöden Tränen von ganz alleine. Und ich sag totz tränenverschmierten Gesicht. Jetzt war es auch egal. Denn Hallo???? Ich wollte beim Konzert alles geben. Und da war ich schon sehr froh, dass sich der Knoten vorher wenigstens schon einmal lockerte und ich mir relativ sicher war, auf der Bühne würde mir das auf keinen Fall geschehen.
Wir beendeten die Probe. Es wurde 19 Uhr und die Gäste wurden eingelassen. Ich saß mit der lieben Hella hinter der Bühne und wartete auf den Auftritt. Die anderen waren oben. Aufgeregt war ich gar nicht. Vielmehr gespannt wie kurz vor der Bescherung zu Weihnachten. Was sollte denn auch schief gehen? Und ich wusste eins. Egal was geschehen würde. Ich würde alles genießen und in mich aufnehmen und vor allem eine Menge Spaß haben.
Und das hatte ich. Ich glaube, das hatten wir alle. Ich hab mich auf meine Texte konzentriert, wenn ich merkte, der Knoten will wachsen, habe ich einfach Kerstin angesehen, mich auf ihr Wutscheln, Wedeln und Zaubern konzentriert und wusste, dass ich das Konzert ohne Heulen überstehe.
Es war großeartig, viel, viel zu kurz und einfach berauschend. Ich glaube schon, dass wir abgeliefert haben, denn es gab Standing Ovation und Zugaberufe.
Und die hatten wir natürlich auch, ein Kanon mit dem Chor und ich habe ein Schild hochgehalten „I like the flowers“.
Ich weiß, das klingt voll sentimental, aber ich hab das Schild mitgenommen und es hängt an meiner Wand hier am PC.
Allerding gab es nach dem Konzert kein Halten. Mehr. Da kam das kleine Monster namens Panik (Toni) in meinen Kopf und verlangte so klar und deutlich wie nie. Entweder du heulst jetzt oder ich mache dir die Panik deines Lebens. Ich fand das sehr nett von Toni, dass er mir dieses Mal so deutlich die Wahl gelassen hat. Tja, was soll ich sagen, da hab ich dann am Ende doch heulen müssen.
Wegen Trauer und Dankbarkeit. Trauer, dass meine Mama einfach nicht mehr da ist. Dankbarkeit für all diese zauberhaften Momente, Menschen und die Musik. Und ich weiß eins. Aus diesem Grund zu weinen finde ich viel angenehmer. Ich werde jetzt wohl meine Trauer in Dankbarkeit verwandeln. Das nehme ich mir jetzt vor.
Der Chor ist einfach das Beste, was mir je geschehen ist.
Dankbarkeit, bis zum Mond und wieder zurück!