„Lass die Sonne in dein Herz, schick die Sehnsucht himmelwärts…“
So lautet eine Zeile der Schlagergruppe Wind. Das Lied ist echt schon alt, aber wenn ich den heutigen Tag Revue passieren lasse, dann beschreibt diese Zeile es einfach am besten, wie es mir geht.
Heute ist ein grandioser Frühlingstag, etwa 14 Grad, der Wind ist noch frisch und er erinnert noch an den vergangenen Winter. Aber es ist sonnig, der Himmel ist blau und die Farben erstrahlen. Nun befinde ich mich nach einer sehr tollen Chorprobe mit meinem schmerzenden und fiesen Rücken halb liegend auf dem Sofa in der Sonne und möchte meine Gedanken aufschreiben.
Ich habe heute die Sonne in mein Herz gelassen. Und meine Sehnsucht zu meiner Mama himmwärts geschickt. Und… ich war nur ganz kurz traurig. Denn den Frühling, kurz vor Ostern, diese Zeit mochte sie sehr. Sie hat immer ihre Wohnung dekoriert, hat die Hasen rausgeholt und Blumen gekauft. Narzissen, Tulpen, Primeln.
Auf meinem Tisch hier im Wohnszimmer steht auch ein Bund mit Tulpen, sogar meinem Papa habe ich einen Bund mitgebracht. Er macht sich da eigentlich nicht soviel draus, aber irgendwie war es mir ein Bedürfnis diese Tradition meiner Mama fortzusetzen. Im Frühling beginnt eben neues Leben, ein neuer Zyklus. Ein ganz neuer Lebensabschnitt.
Heute morgen las ich sehr gerührt einen Kommentar unter meinem letzten Blogbeitrag. „Die Leserin“ hat mir einen richtig hilfreichen und vor allem lieben Kommentar unter meinem doch eher depressiven Post geschrieben. Dafür möcht ich an dieser Stelle DANKE sagen. Der kam genau richtig.
Trauer muss nicht immer nur negative Gefühle beinhalten. Liebe, ja auch Liebe ist ein Gefühl von Trauer. Ich war auch nicht wirklich traurig, als ich an meine Mama und ihre Traditionen der ersten Frühlingstage gedacht habe. Schwermütig, oder besser melancholisch war ich. Aber ich hatte Freude ihre Hasen aus der Dekokiste zu kramen und zu verteilen. Und mein Herz hüpfe, als ich die Tulpen auf den Tisch stellte.
Ich weiß was „Die Leserin“ mit ihrem Kommentar meint, wenn sie schreibt, dass die Trauer nicht weg geht, sondern das sie einen gesunden Platz im Leben haben soll. Ja, ich glaube heute war so ein Tag, die Trauer war da, ich habe an meine Mama gedacht und trotzdem hatte ich einen sehr schönen Tag. Von den Rückenschmerzen mal abgesehen.
Aber mit der Trauer ist es wie mit meinem kaputten und verhunzten Rücken. Es kommt auf die Sicht der Dinge an. Das habe ich heute gelernt. Und diese Einsicht bringt mich auf meinem Trauerweg weiter nach vorne. Ich muss diese Gefühle einfach zulassen, notfalls Innehalten und das Leben weiterleben, was mich erfüllt.
So habe ich eben heute meine Rückenschmerzen genommen, die Zähne zusammengebissen und mit meinem Sitzkissen die Chorprobde durchgezogen. Um welchen Preis? Der Rücken tut noch mehr weh, ich hänge hier gerade wie ein Schluck Wasser in der Kurve, neben mir der Hund. Aber die Rückenschmerzen sind, nein, nicht egal, aber ich weiß, warum ich sie habe. Weil ich gesungen habe, etwas gemacht habe, was mich mit Freude erfüllt hat. Und dann nehme ich auch den unangenehmen Rückenschmerz in Kauf. Bis spätestens Montag ist der wieder weg, solange übertünche ich den Schmerz mit den vollklinden Doos in F und einem knackigen Scat Calypso und den vielen lachenden Chormitgliedern.
Und auch mit meiner Trauer werde ich nun so umgehen können. Denn es ist ebenfalls ein Schmerz. Der tut eben nur anders weh. Ich werde die Schmerzen annehmen und schauen, was ich trotz ihnen machen kann und zulassen, dass der Schmerz der Trauer an die Oberfläche tritt. Denn mir ist nun bewusst, dass es neben dieser schmerzlichen Trauer eben auch die „schönen Seiten“ der Trauer gibt. Nämlich die positiven Erinnerungen, die mit der Trauer ebenfalls einhergehen können. Wie die Tulpen und der Sonnenschein heute.
Mir ist völlig klar, dass diese Tage auch weiterhin kommen werden, wo es einfach nur schwer ist und ich weinen muss… Aber, das nehme ich an… so wie diesen Rückschmerz nach der Chorprobe… Solange es immer etwas gibt, was mehr wiegt als die negativen Empfindungen, wird alles wieder gut.
Ich sitze hier, höre Sasche, wie er bei Kibo.FM moderiert, der Kater liegt auf dem Esstisch… Ja, fragt besser nicht. Oscar liegt eingekringelt neben mir auf dem Sofa. Vor mir liegt das Handy. Als Wallpaper habe ich ein Bild von mir mit meiner Mama. Sie lächelt mich an und hält ein Bonbon mit goldenem Papier in die Kamera. Sie grinst mich an. Und ich sitze hier, habe ein Eis mit Vanille und Keksstückchen und muss zurückgrinsen.
Denn ich weiß, was sie sagen würde.
Claudia, so ist es richtig. Lass es dir gut gehen und achte auf dich.
Und beim Thema Chor? Da würde sie mit mir lachen… denn…. Wir „tanzen“
Ich blicke aus de Fenster. Es ist 18:33 und die Frühlingssonne geht langsam unster. Man sieht ein helles Orange am Horizont. Die Vögel zwitschern mit Kiras Schnurren um die Wette. Irgendwo da lacht meine Mama jetzt bestimmt und denkt sich:
„Ach herrje, meine Große singt und tanzt. Wie ein Affe auf dem Schleifstein!“
Aber ich weiß, sie wäre stolz auf mich.
Das Leben geht weiter, das Leben ist schön, es erfüllt mich so Vieles mit einem Sinn. Das musste ich nur wiederfinden.
Es ist schade, Mama, dass du das nicht mehr Live miterleben kannst, wie ich zu einem freudigen Doo meine Arme im Rhythmus bewege, aber ich weiß, du bist bei mir.
Diese Gedanken stimmen mich wieder melancholisch, ein wenig traurig aber sie bringen mir auch die Sonne in mein Herz.
„Lass die Sonne in dein Herz, schick die Liebe himmelwärts…“
Ja, jeden Tag ein wenig mehr, denn ja, diese Phrase stimmt.
Zeit heilt alle Wunden und eine Narbe bleibt zurück, die es mit Sonnenschein zu pflegen gilt. Und dafür habe ich viele Dinge in meinem Leben, die mir den Sonnenschein bringen.
Ein Doo auf F, Eis und zwei Frauen mit Zauber im Herz.
Und natürlich die besten Freunde der Welt.
Ja, mir geht es gut, ich habe die Sonne im Herz und langsam eine Ahnung, welche Richtung mein Trauerweg nimmt.
Ich sehe wieder ein Licht auf diesem Weg. Die Sonne, die ich eben immer wieder erneut ins Herz lassen musst.