Seit ich das mit der Musik sehr intensiv verfolge, wird mir sehr deutlich klar, dass ein Kopf voller Fanatsie nicht immer gut ist.
Mein Gehirn ist, glaube ich, das Fleißigste in und an meinem Körper. Das denkt und denkt und denkt. Deswegen habe ich ja auch angefangen zu schreiben. Kurzgeschichten, Romane, Gedichte, diesen Blog. Denn alles, was ich aus meinen Gehirnwindungen quetsche, das spukt nicht mehr in meinem Kopf rum und lenkt mich somit nicht mehr ab.
Trozdem geht mein Gehirn immer dann an, wenn ich es am Wenigsten brauch. Beim Singen, wenn ich mich einfach gehen lassen soll. Dann, wenn die Töne fließen sollen, ja dann brüllt mein Gehirn: Hast du an deinen Vater gedacht? Sieht das jetzt nicht bescheuert aus? Musst du noch was einkaufen? Ist die Kaffeemaschine noch an? Wann musst du eigenlich atmen?
Ich versuche das wirklich in den Griff zu bekommen, denn dieses ständig denkende Gehirn, das mach Stress.
Neben meinem Gehirn, das immer denkt, bin ich jedoch auch ein sehr bildlich denkender Mensch. Kopfkino ist täglich angesagt. Ich kann es mir gemütlich machen und in meinem Kopf laufen ganze Filme ab. Und wenn mir dann noch jemand erklärt, wie ich das mit meinen stets abschweifenden Gedanken machen soll…. ja, dann ist das Chaos vorprogrammiert.
Aber, lasst mich erklären, was ich meine…. Hier ist ein Werdegang.
Wie ich zu meinem Zoo gekommen bin.
Ganz zu Anfang, als ich begonnen habe mit dem Singen. Da sollte ich mir vorstellen, ich sei ein Wal. Ein Loch im Kopf soll ich haben und durch dieses Loch sollen meine gesungenen Töne kommen und den ganzen Raum ausfüllen. Mein erstes Tier hieß ich also Willkommen. Dieses Bild klappt ganz gut. Und wenn ich dann noch durch die Füße atme, den Ton durch meinen ganzen Körper fließen lasse und der dann aus meinem Kopf rauskommt, dann klingt das super. Und auch ich persönlich empfinde mich manchmal als Wal. Viel Volumen, ein Körper, der viel Platz für Hall, Schall und Ton hat.
Der Wal im Schädel, so ging mein Weg weiter. Der Chor kam. Und ich sollte nun auch ein freudig galoppierendes Pferd auf der Weide sein…. Wenn so ein Pferd eben Frühlingsgefühle bekommt. Das sollte ich mir beim Singen vorstellen. Neben dem Wal jetzt also auch noch ein Pferd. Der Wal war schon so groß. Und wenn ich mir bildlich vorstelle, wie ein Pferd durch meinen Kopf rennt und der Wal da gemächlich zuschaut…. Dann kann das mit der Konzentration ja nicht mehr so wirklich funktionieren.
Aber die beiden Tiere schlossen schnell Freundschaft und zumindest die freudig offene Tonproduktion in meinem Körper wurde durch Galopp und Loch im Kopf angeregt. Strahlend volle Töne… Was braucht ein Sänger mehr. Das ging auch irgendwann von alleine. Manchmal galoppierte der Wal über die Weide oder das Pferd hatte ein Loch im Kopf…
Fragt nicht…. mein Kopfkino eben.
Doch mein Kopf wäre ja nicht mein Kopf, wenn der nicht trotzdem denken würde. Wie ein Uhrwerk….. Tick Tack Tick Tack.
Ein nächster Ratschlag kam. Meine Gedanken sollte ich mir wie einen kleinen Welpen vorstellen, den ich erziehen muss. Der Welpe, der ist neugierig und immer da wo was los ist, da will der Welpe hin. Und meine Aufgabe sei es, dem kleinen Welpen beizubringen, dass ich der Herr bin.
So übte ich also ständig „Sitz“, „Platz“ und „Bleib“.
Mit dem imaginären Hund in meinem Kopf. Und auch das funktionierte irgendwann. Immer wenn meine Gedanken abschweifen wollten, dann habe ich sie wieder auf das Wesentlich gelenkt. Um nichts zu vergessen, um schlafen zu können. Ich habe gelernt, der Herr meiner Gedanken zu werden. Braver Hund, braver Kalle. Ja. seit dem Welpen bekommen meine Tiere im Kopf nun Namen….
Kalle.
In einem Buch las ich dann irgendwann, dass die Gedanken wie ein Affe sind. Und diese unermüdlich hin und herschwingen. Von einem Gedankenast zum anderen. Von Höckschen aufs Stöckchen, wie man so schön sagt.
Ich sang gerade „City of Stars“ aus dem Film „La-La-Land“.
Da trat das Äffchen das erste mal auf den Plan und kreischte mir an einer Stelle immer einen falschen Ton herein. Während Kalle brav neben mir saß und mich mit treuem Welpenbick anschaute, weil er unschuldig ist, kreischte der Affe immer ein G statt einem E. Arrrrgh.
Coco war gebroren. Und mit Coco in meinem Kopf ist nun richtig Trubel in meinem Schädel. Coco macht Wal und Pferd irre. Kalle findet Coco sehr spannend und Coco klaut mir sogar den Rhythmus bei „Chasing Cars“.
„Ahhhhhhh, Claudia, hör mal, ich hab da was, was du hören muuuusst!“
Und zack, Coco haut mich raus.
Mir wurde schon geraten, ich solle Coco doch ein neues Zuhause suchen. Kreischender Affe in gute Hände abzugeben… Oder so. Aber wer will schon so einen Quälgeist?
Mit vier Tieren könnte es ja nun doch sehr voll sein. Doch Moment.
Seit ein paar Wochen begrüße ich auch Benjamin. Ja, richtig, Benjamin ist ein Elefant. Die hartnäckigen Gedanken. Auf denen ich reite. Bejamin ist jedoch sehr stark und will immer in seine Richtung laufen. Ich sitze auf Benjamin und soll ihn steuern. Ihm den Weg weisen. Ich soll ihn nicht dahin lassen, wo er hin will.
Und während ich so auf dem riesigen Elefanten in meinem Kopf sitze und Kalle seine Hundeschnauze auf meinem Oberschenkel bettet, sitzt Coco auf Benjamins Kopf und erschwert mir die Steuerung. Coco mag alle meine Tiere.
Mit dem Einhorn, für das es bisher noch keinen Namen gibt, ist nun auch endlich Licht in meinem Zoo. Denn dieses Einhorn hat eine Glühbirne am Horn und immer wenn ich singe, dann soll ich die Birne zum Strahlen bringen.
Ich dachte immer, ich sei so ein wenig durch den Wind…. Aber es gibt Menschen in meinem Leben, die sind mir ein Stück voraus.
Und so kann ich mir eigentlich bei jeder Chorprobe ein Tier meiner Wahl noch zusätzlich aussuchen, dass beim Einsingen in meinem Kopf einziehen soll. Ich bin dann immer ganz erstaunt, wenn ich die Tür zum Bergsee an der Türschwelle aufmache. Aber ich glaube, ich bin eher erschrocken, weil das arme kleine Tier ertrinken und erfrieren könnte, wenn es einen Schritt nach hinten macht und in den arschkalten Bergsee plumpst. Ich meine Hallo??? Wenn ich die Tür aufreiße, dann erschreckt sich so ein Tier bestimmt und macht unbedachte Bewegungen! Das arme, imaginäre Tier auf der Fußmatte. Aber ich habe Katze, Erdmänchen und Babylöwe bisher immer retten können. Gott sei Dank!
Doch da oben ist nicht mehr so viel Platz. Gut, dass das Küken in meinem Hals wohnt. Das möchte nicht zerquetscht werden, wurde mir erklärt. Seitdem habe ich immer so ein Federboa-Gefühl am Hals. Hmmmm.
Trotz der Volligkeit in meinem Kopf, schafft es mein Zoo noch immer nicht, mich vor meinem Horror zu bewahren. Mein kleines Monster.
Das hat auch einen Namen. Panik. Ich dressiere den Welpen, bringe Coco vom LSD-Tripp, steuer Benjamin in die Parklücke meiner Wahl. Aber sobald das Licht vom Einhorn angeht und ich versuche mich zu entspannen. Dann kommt das Monster aus einem Eckschrank im finstersten Winkel meines Kopfs.
Meine Tiere sind still, ich bin voll und ganz Herr meines Körpers und meines Kopfes…. Und dann kommt das Monster. Groß, bedrohlich, angstmachend.
Und immer in diesen Augenblicken, da wünschte ich mir, mein Zoo wäre wieder im vollen Gange. Scheiß auf Takt, der aus den Fugen gerät. Scheiß auf den einen richtigen Ton, der einfach von Coco schief gezogen wird.
Dieses Monster, dass gilt es zu integrieren, dass es vielleicht vor lauter Selbstverständlichkeit keine Macht mehr über mich hat….
Ich finde, ich sollte auch dieses Monster taufen…. Panik ist kein schöner Name. Aber ich hätte da einen sehr postiven Namen… Weil er mich zum Lachen bringt…. Weil er mich an schöne Minuten der letzten Probe erinnert. Und weil ich finde, das auch dieser Name eine Zukunft braucht!
Hallo Toni….. Das sind Coco, Kalle, Benjamin, Wal, Pferd, Einhorn und Piep, mein Küken im Hals….. Möchtest du nicht unser Freund sein?
Es hat alles einen Platz, auch du Toni Panik, du kleines Monster.