„Kleiner Stern, ich bin mir sicher, dass du reden kannst.“
Die anderen Kinder fanden den Stern nicht mehr so spannend und spielten weiter. Abraham hatte sich abseits in den Sand gesetzt und der kleine Stern lag auf seinem Schoß. Der Junge hatte sich ein Tuch genommen und befreite den kleinen Stern vom Dreck der letzten Stunden.
Der kleine Stern mochte das sehr und er fasste langsam Vertrauen zu dem kleinen Abraham.
„Weißt du, kleiner Stern,“ begann Abraham weiter zu reden.
„Ich weiß noch, wie Johannes als Stern war. Der war auch erst ganz still und schüchtern. Er hatte Angst, dass man ihm was tun würde. Aber ich habe ihn beschützt und er blieb ein paar Tage bei mir, bis er wusste, was er wollte und wo er hingehörte. Er dachte erst, alle könnten ihn sehen, in berühren. Aber das konnten sie nicht. Nur ein paar Kinder konnten den Stern sehen, Erwachsene gar nicht. Und Tiere. Johannes konnte mit den Tieren, dass weiß ich noch. Ich glaube, dass nur die Menschen Sterne sehen können, die auf den Boden gefallen sind, wenn sie an die Sterne glauben. Ich glaube an Sterne. Ich glaube, dass sie uns den Weg weisen, dass sie Wünsche erfüllen, und dass sie Wunder bewirken. Ich habe mir immer einen kleinen Bruder gewünscht. Und der Wunsch ist mit Johannes in Erfüllung gegangen. Siehst du, du musst wirklich keine Angst haben. Denn nur weil du da bist weiß ich, dass alles gut wird. Es wird was Tolles geschehen, auch wenn im Moment alles so traurig ist.“
Der kleine Stern hörte Abraham genau zu. Er wollte nicht, dass Abraham so traurig war. Deswegen musste der kleine Stern auch gar nicht lange nachdenken und sprach einfach drauf los.
„Warum ist denn alles so traurig, Abraham?“
Abraham wischte sich eine Träne vom Gesicht und lächelte vorsichtig.
„Wir sind ganz weit weg von zu Hause. Weißt du, es gibt da einen Kaiser. Augustus heißt der. Und der will, dass sich die Menschen, die in seinem Reich zählen lassen. Dafür muss jeder Familienvater mit seiner Familie in die Stadt, aus der er kommt. Mein Papa kommt aus Bethlehem. Wir sind schon zwei lange Wochen unterwegs und ich vermisse meine Freunde, die nicht mitgegangen sind. Und ich vermisse meine Oma. Die lebte nämlich nie in Bethlehem.“
„Aber dein Papa kommt doch aus Bethlehem?“
Der kleine Stern wurde stutzig. Er verstand das noch nicht so ganz.
„Die Oma, das ist die Mama meiner Mama. Und deswegen muss meine Oma nicht weg aus ihrem Dorf. Das ist das Dorf, in dem auch meine Mama geboren wurde. Die Mama von meinem Papa, die kommt aber aus Bethlehem. Und deswegen müssen wir dahin und uns zählen lassen.“
„Das ist wirklich traurig“ sagte der kleine Stern.
„Aber du musst jetzt nicht mehr traurig sein. Wenn ich darf, gehe ich ein Stück mit euch. Ich muss ja noch nach meinem Sinn suchen. Und vielleicht findest du den Sinn dann auch, warum du aus deiner Heimat wegmusstest.“
„Danke, kleiner Stern,“ flüsterte Abraham und drückte den Stern fest an sich.
Freunde und Familie im Leben haben ist wichtig. Sie stehen einem zur Seite und erleuchten einem den dunklen Weg. Manchmal sind die Freunde ganz weit weg. Oder Menschen aus der Familie gehen für immer. Aber dann kann man trotzdem ihr Licht sehen, was einen leitet. Denn es leuchtet weiter. In unseren Herzen, aber auch in der Nacht am Himmel. Und wenn man daran glaubt, so wie der kleine Abraham, dann kann man seinen Stern auch fest in die Arme nehmen und fühlt sich nie allein. Ich bin mir sicher, auch ihr seid mittlerweile ein Freund von dem kleinen Stern. Deswegen kommt morgen einfach wieder vorbei und öffnet Türchen Nummer 7!