Schlaf. Geschlafen habe ich früher gerne. Ich konnte mich hinlegen, bin eingeschlafen, habe durchgeschlafen. Meistens.
Seit Mamas Tod ist das anders. Schlaf? Was ist das? Kann ich das kaufen? Und dieser Schlafmangel macht sich in allem bemerkbar. Ich bin angespannt, kann nicht locker lassen, bin stets auf dem Sprung.
Das macht mir nicht nur mehr Rückenschmerzen als sonst, sondern diese Anspannung geht vor allem auch auf die Stimme. Sie klingt nicht so frei, nicht so selbstverständlich. Und das nervt mich natürlich zusätzlich.
Heute hatte ich Gesangsunterricht. Manchmal glaube ich ja, dass an der lieben Jasmin eine Hobbypsychologin verloren gegangen ist. Heute erzählt sie mir doch glatt was von loslassen, weitmachen und das man an meiner Stimme hört, das ich drüber bin. Weil ich höher rede, als meine Brustsingstimme es vermuten lässt.
Und irgendwie hat sie heute Worte dafür gefunden, die mich berührt haben. Und beruhigt haben? Kann man das sagen? Ich fühlte mich geerdet und locker, wie seit Wochen nicht mehr. Es fühlte sich alles ganz warm an und ich fühlte mich müde. Einfach, weil sie das aussprach, was mir schon seit Wochen im Kopf rumgeht. Das ich einfach mich wieder mehr reflektieren muss, locker lassen muss. Entspannen soll.
Nun habe ich eine Hausaufgabe. Ich soll meine Stimme beobachten und schauen, wann sie eine Tendenz in die Kopfstimme bekommt. Innehalten, kurz durchatmen und mich reflektieren.
Warum kann diese Frau das? Immer gerade zur richtigen Zeit die richtigen Worte finden? Warum weiß die, zum Geier, was mit mir los ist? Und warum bringt die mich immer zum Heulen? Zum Glück nicht direkt beim Singen, aber der Kloß war schon da. Während ich locker die Sandé gesungen haben „Read all about it“ merkte ich schon, das ich mit dem Weit werden im Hals und im Loslassen in den Muskeln noch mehr den Weg bereitet habe. Anspannung von Wochen fiel ab. Die hatte ich alle gar nicht auf dem Schirm, aber die werden wohl irgendwo in mir gesessen haben. Da sitzt diese Frau mir gegenüber und kitzelt das aus mir raus, was ich eigentlich gerne in mir einschließen würde.
Im Moment versuche ich soviel, um wieder mehr zu mir zu finden, alles zuzulassen und es nicht einfach stumm wegzuschließen. Vieles versuche ich, aber so wirklich bringt es nichts.
Trauergruppe ist nett, ich merke, ich bin nicht alleine, aber viel hat das bisher nicht genützt.
Das schafft nur die Musik, der Chor, der Gesang und die Tee. Auch wenn ich an mir arbeiten muss, diesen blöden Kram zuzulassen, aber sie scheint es ja irgendwie zu schaffen. Sie scheint es wie so ein Trüffelschwein zu riechen und buddelt es aus. Das ist unheimlich. Als würde die deine Seele besser kennen als du selbst….
Oder hat man als Musikerin automatisch solche Antennen… Ich kann es mir nicht vorstellen.
Heute habe ich einen Entschluss gefasst. Was soll ich zu einen Psychologen gehen, wenn es Menschen gibt, in meinem Umfeld, die, ohne es zu wissen, mir die beste Therapie der Welt zur Hand geben? Warum mich einem Fremden öffnen, wenn ich doch alles, was ich brauche, schon in mir habe und weiß, was zu tun ist? Ich habe das alles schon einmal durch und ich schaffe das nochmal. Ich muss nur wieder bewusster daran an die Wurzel des Übels. An meine Angst vor Gefühl, weil ich Angst habe, verletzlich zu sein. Und an meine Angst, es allen recht machen zu wollen. Ich muss einfach wieder mehr nur mir genügen und auf „Die Anderen“ (entschuldigt den Ausdruck) scheißen. Ich muss mir wieder die Wichtigste sein und Dinge so machen, wie ich sie kann. Ich mag mich nicht mehr rumschubsen lassen und mir einreden lassen „Du nimmst das nicht wichtig“, „Du kannst das nicht“, „Du bist eben nicht Mama!“.
Diese Hausaufgaben mache ich gerne. Atmen, still sein, und schauen, was stresst mich gerade und wie kann ich wieder zu mir und meiner Mitte finden. Einfach mir mehr Raum und Zeit einräumen. Das ist im Grunde ja nix anderes als die Achtsamkeitsübung bei der Schmerztherapie. Ich muss mir wieder mehr bewusst machen, das Leben ist schön. Alles ist gut und alles darf geschehen. Es zulassen, mit dem Wissen, es geht alles vorüber. Auch der schlimmste Heulkrampf. Und wenn ich dann ausshehe wie ein Waschbär? Dann ist das eben so.
Eine Woche lange auf mich achten. Das schaffe ich. Und wer weiß, wie es mir dann beim Singen geht. Einfach loslassen und kein Druck. Oh Ohhh, Oh, Oh, Oh, Ohhhh.
Ich weiß, da ist noch viel Trauer in mir, die mir zwischendurch die Kehle einfach zuschnürrt, die mich anspannt. Es ist ein Gefühl, das ich unterdrücken mag, warum auch immer. Aber da sind noch mehr Gefühle, die ich unterdrücken will. Wut und manchmal sogar… nein, es ist nicht Hass. Es ist Unverständnis, wie Menschen mit Lügen sich eine ganze Welt zusammenbauen können, unter der andere Leiden. So könnte ich es am besten beschreiben. Diese Gefühle, die ich wegschließen will, aber sich immer wieder den Weg bahnen. Denen mehr Raum zu schenken, diese zulassen können um mir gerecht zu werden, dass sollte die nächsten Tage mein Ziel sein, was immer das auch für Konsequenzen hat.
Es hängt alles zusammen. Mein Rücken, meine Panikattacken, meine Stimme. Mit dem Wissen und der Einsicht, Kari, stress dich nicht selber, nimm dich einfach viel mehr aus Situationen raus, so sollte ich die nächsten Wochen wieder meistern können und mich endlich besser fühlen.
Und dann auch wieder so singen wie heute, als hätte ich nie was anderes gemacht. Selbstverständlich, alles offen und einfach alles in die Musik an Emotionen hineinlegend. Es wird ein hartes Stück Arbeit, aber die investiere ich, für mein Wohlbefinden.
Der Frühling ist endlich da, es wird Zeit, das auch ich wieder erblühe. Und meine Gefühle schicke ich zu den Sonnenstrahlen, damit sie mich wieder mit Energie und postiven Schwingungen erfüllen.
Dieser Blogbeitrag ist der Start für eine besondere Achtsamkeitswoche.
Danke an die kleine Hobbypsychologin, die nicht nur meine Stimmebänder zum Schwingen bringt. Ganze Saiten meiner Seele möchten mitsingen und sagen mir: Mit Musik geht alles leichter.